Stellungnahme BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landtagsfraktion Thüringen zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplan 2030

Stellungnahme zum Gesamtplan

Der Entwurf des BVWP verfolgt leider noch immer nicht das Ziel einer Verkehrswende oder intermodalen Verkehrsverlagerung. Dies wird u.a. daran deutlich dass er keinen Bezug zu parallelen Plänen der Bundesregierung nimmt (z.B. Klimaschutz), dass keine Absprache mit anderen Ministerien erfolgt (Kritik BMU) und dass die drei Verkehrsträger isoliert behandelt werden, anstatt die Vorhaben auf gegenseitige Einflussnahme hin zu untersuchen. Wechselwirkungen mit dem ÖPNV, dem Fuß- und Radverkehr werden überhaupt nicht angestellt.

Das Format und die Dauer der Bürgerbeteiligung sind angesichts des Umfangs und Bedeutung des BVWP zu gering bemessen. Eine zweite Runde der Bürgerbeteiligung sollte deshalb nach Einarbeitung der Eingaben angeschlossen werden. Dies entspricht auch dem in vergleichbaren Bereichen üblichen Vorgehen, etwa in der Regionalplanung.

Die Bestimmung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses (NKV) erfolgt differenzierter als im vorherigen BVWP. Problematisch ist jedoch, dass weiterhin Reisezeitverkürzungen und damit theoretisch verbundene Arbeitskosteneinsparung mit einem sehr hohen Nutzen versehen sind und meist den Nutzen bestimmen, während Umwelt- und Gesundheitseinflüsse einen geringen Stellenwert besitzen. Lediglich die Lärmemissionen haben hier einen relevanten Einfluss.

Letztendlich ist nicht nachvollziehbar inwieweit das NKV für die Bedarfseinordnung eine Rolle spielt. Es scheint lediglich als Ausschlusskriterium zu fungieren, sofern es <1 beträgt. Sonst befinden sich Projekte mit hohem NKV regelmäßig in einer geringeren Bedarfskategorie, als solche mit positiven, aber niedrigem NKV. In mindestens einem Fall wurde aufgrund vermutlich falscher Berechnungen sogar ein Projekt mit einem NKV unter 1 aufgenommen. Hier sollte die Nutzen-Kosten-Untersuchung einen größeren Einfluss auf die Priorisierung der Projekte haben.

Grundlage der angenommenen Verkehrszahlen ist die Verkehrsprognose 2030 aus dem Jahr 2014. Diese basiert auf den Verkehrszählungen von 2010. Sie geht zwar von einem geringeren Wachstum aus, als die Vorgängerprognose, berücksichtigt aber noch immer das sich wandelnde Mobilitätsverhalten und die Grenzen des Wachstums in einer hochentwickelten Region, wie es Deutschland ist, deutlich zu wenig.

Laut einer Studie des Institutes Verkehr und Raum der Fachhochschule Erfurt, unter Leitung von Prof. Dr. Mathias Gather aus 3/2013 zum Fernstraßenausbau, in der verschiedene BVWP Projekte aufbereitet wurden, ist es nicht nur zu erheblichen Kostensteigerungen bei den Projekten gekommen, sondern zugleich auch zu deutlich geringeren Verkehrsauslastungen (bis zu 60 %) als in den Planungsannahmen festzustellen waren. Es ist nicht erkennbar, warum dies bei den aktuellen Planungen anders sein sollte. Eine deutliche Reduktion der berücksichtigten Projekte, sowie realitätsnähere Prognosemethoden sind deshalb notwendig.

 

Stellungnahme zu Projekten in Thüringen

Die Ankündigung, dass Erhalt Priorität vor Neubau gegeben werden soll, ist - was Thüringen betrifft - schlichtweg falsch. So sind im Sektor Straße Neubauten für 787,5 Mio € vorgesehen, jedoch lediglich Erhaltungsinvestitionen von 21,2 Mio. €. Dies ist umso bedenklicher, da es sich um eines der Länder mit sinkender Einwohnerzahl und bereits heute überdurchschnittlich vielen Straßenkilometern pro Einwohner handelt. Die jetzt schon schwer finanzierbaren Haushaltbelastungen durch Instandhaltungen werden sich also langfristig weiter deutlich verschärfen. Dies ist auch für die Bundesländer relevant, da davon auszugehen ist, dass auch in Zukunft weitere Bundesstraßen abgestuft werden – und damit in die alleinige Finanzverantwortung des Landes fallen.

Der BVWP ist deutlich überladen. Allein die laufenden und fest disponierten Projekte Straße, die bereits im vorherigen BVWP ausgewiesen waren, werden einen Großteil der Mittel binden. Dieses Vorgehen ist nicht vertretbar, da es weiterhin suggeriert, dass einzelne Projekte bald umgesetzt werden, obwohl sich bereits jetzt absehen lässt, dass bis 2030 keine Realisierung erfolgen wird. Dies ist besonders problematisch wenn es um die Beseitigung von übermäßiger Belastung von Umwelt und Anwohnern geht, da so auch alternative Maßnahmen verhindert werden. Notwendig ist eine starke Reduzierung inklusive der Entwicklung von schnell umsetzbaren Alternativen zur Verkehrsberuhigung und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Eine zeitnahe Umsetzung der eingestellten Maßnahmen wird zusätzlich unrealistisch, da dem VB nun eine weitere Bedarfskategorie voran gestellt ist (VB-E), in der sich jedoch kein Thüringer Projekt befindet.

 

Unsere vollständige Stellungnahme finden Sie unten als pdf-Datei.

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